Hauptseminar Cracks, hacks, activism – Programmatiken und Taktiken künstlerischer Intervention in Computer-Games und im Internet
Die Aneignung vorhandenen kulturellen Materials ist in industriellen Gesellschaften seit langem eine übliche künstlerische Strategie. Marcel Duchamps ins Museum gestellte Toilettenschüssel ist eine Ikone dieses Verfahrens, welche ihren industriellen Charakter zur Schau stellt. Auch technische Medien funktionieren nach dem Prinzip industrieller Verfertigung: wenige Originale, viele identische Kopien. Die kann man mühselig verändern. Digitale Technologien folgen jedoch einer postindustriellen Logik. Viele Medienobjekte lassen sich bereits bei ihrer Generierung manipulieren. Man baut Charaktere, Umgebungen, Levels, man gestaltet seinen eigenen Blog, sein Facebook-Profil. User sind ProdUser. Künstlerische Freiheit pur? Natürlich nicht! Im Gegensatz zu älteren technischen Medien, bei denen Begrenzungen bezüglich der Produktionsmittel und des Materials (teuer) bestanden, existieren sie bei digitalen Technologien vor allem bezüglich des Daten-Zugangs. Überschreitet man hier ein Grenze, steht man leicht mit einem Bein im Knast. Noch nie in der Geschichte der Ästhetik der Medien war künstlerische Aneignung vermutlich so nah an Illegalität.
Wir werden uns im Seminar deshalb zunächst einen Überblick über die Begriffe des crackens, des hackens sowie des Internet-Aktivismus verschaffen. Dann werden wir die Strategien der künstlerischen Aneignung an Beispielen (D.O.C., eyetrap, uebermorgen.com, Yes-Men, 0100101110101101.org) untersuchen und ihre unterschiedlichen Motivationen analysieren, die zwischen ästhetischer und politischer Intervention changieren.